matthias taube

 

 

 

 

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Wie kommt die Amazone zum Kind?

Quellengeschichtlich werden den Amazonen lediglich sporadischer Geschlechtsverkehr mit besiegten Vertretern der Nachbarvölker zugestanden. Heinrich von Kleist hat deshalb für "Penthesilea" das Rosenfest erfunden als jährlich im Frühling stattfindender Brauch, in dem die rosenbekränzten Amazonen sich den von ihnen in der Schlacht besiegten feindlichen Männern hingeben. Der Ort des Rosenfestes ist die Stadt Themyskira in der gleichnamigen, rosenbedeckten Ebene, der Heimat der Amazonen. Themyskira ist der Sehnsuchtsort, an dem sich Krieg und Hass in Liebe und kurzzeitiges Glück wandelt.

Kleist hat sich wahrscheinlich durch die komische Oper „Das Rosenfest von Salenzi“ von Charles Simon Favart inspirieren lassen. Sie wurde ab 1779 sehr erfolgreich in deutscher Fassung unter anderem in Berlin und Breslau gespielt. Favart bezieht sich darin auf einen tatsächlichen Rosenfestbrauch in dem französischen Dorf Salency in der Region Picardie. Einmal im Jahr wurde mit Rosenkranz und Geldpreis das sogenannte Rosenmädchen gekürt, das sich auf dem anschließenden Fest einen Bräutigam aussuchen durfte.

Quelle: Appelt/Nutz, Erläuterungen und Dokumente Heinrich von Kleist, Penthesilea, 2001, S. 21 und 50